Das Gold bleibt weiter verschwunden – Arbeiten auf Papier

Das Gold bleibt weiter verschwunden

Diese Bilder sind dunkel gehalten. Einer gewissen Grobheit in der realistischen Ausführung (meist mit dem Messer gemalt) entspricht eine rauhe Jutefaser als Malgrund. Auf dunklem Grund sind Farben immer Lichtfarben, es entstehen aus dem Schatten geholte Körper. Die Beschriftungen in den Bildern stören den Bildraum, der sich um die Körper bildet. Es kommen auch weisse Balken und Felder vor, die zwar räumlich wirken, aber dennoch den Bildraum zumindest mehrdeutig wirken lassen. Sie vermitteln zwischen Körper und Schrift. Die Beschriftungen in den Bildern (Pricetags und Schlagzeilen) bringen den Inhalt in den Vordegrund und vervielfältigen die Deutungsebenen. Die Pricetags veranschaulichen Käuflichkeit und Warencharakter. Die Schlagzeilen verleihen den Menschen öffentlichen Raum. Der Blick auf das Bild ist jedenfalls nicht frei, sondern verfängt sich in dem Spiel, Figur und Beschriftung auf eine Ebene zu bringen. Pricetag oder Schlagzeile vermitteln soziale Normen, und den Menschen ihr Verhältnis diesen gegenüber. Sie müssen sich als normal, ausser- oder ungewöhnlich bzw. stigmatisiert einstufen. Auch die Bilder ohne Beschriftung vermitteln in der Regelmäßigkeit der weissen Balken eine Art Normvorgabe, der die Menschen im Bild gegenüber gestellt sind. Die dargestellten Menschen entstammen zumeist Werbemedien. Vereinfacht könnte man sagen durch Werbung entstehen Normen an denen Menschen gemessen werden. Menschen, die in keine der daraus entstehenden Kategorien passen, sind gewissermaßen stigmatisiert. Das Schwarz der Bilder zeigt die Menschen als Verborgene. Wie gestaltet sich der Blick auf diese Menschen, wenn das Licht gering ist? Menschen im Dunkel fühlen sich unbe(ob)achtet, wobei ein Moment der Selbstbetrachtung entstehen kann. Ich habe die Schlagzeile Das Gold bleibt weiter verschwunden zum Titel dieser Serie gewählt, weil das Licht reduziert und der Glanz abgezogen wurde. Gold vermittelt Geld und Glamour, Romantik und Utopien goldener Zeitalter. Es gibt keine Goldpreisbindung mehr, keine Utopien, nur noch Goldgräberstimmung vereinzelt.

Wo das Bessere billiger ist

Ein Pricetag aus einem Kaufhauskatalog in eine Figurenzeichnung geklebt: so positioniert, dass der Mensch als Ware gemeint sein könnte oder die Etiketten wie Sprechblasen in einem Comic zu lesen sind und etwa einen Preis bezeichnen, auf den sich zwei geeinigt haben.
Die gezeichneten Figuren entstanden nach dem Katalog aus dem auch die Etiketten geschnitten wurden. In der Werbung sind Menschen so dargestellt wie sie gerne gesehen werden möchten. Zeichnungen können verzerren und überzeichnen und Veränderungen am Modell drängen sich eher auf als in Bildüberarbeitungen der Werbefotografie.
Auch der Titel der Serie wurde dem Katalog entnommen: Wo das Bessere billiger ist fungierte dort als Slogan. Sobald man Qualität nicht nur auf die Warenbeschaffenheit bezieht, sondern Wert in einer allgemeinen Bedeutung reflektiert, entwirft dieser Slogan eine Utopie, wo das Gute durch die geringere Anstrengung erreicht wird, und der höhere Einsatz verwerflich ist.

Gipfel

Diese Serie umfasst 20 Zeichnungen in einem Heft.
Bleistift, Tusche, Papier
19.5 x 19.5 bzw. 39 cm

Die Zeichnungen meiner Serie Gipfel sind nach Fotos gestaltet: Auf dem Flohmarkt habe ich sechs Alben erstanden, die offenbar aus dem Archiv der Bank für Arbeit und Wirtschaft stammen. Sie zeigen Filialeröffnungen in den späten 1970er- und frühen 1980erjahren in Wien und Tirol. Das Zeichnen nach diesen Fotografien war eine Zeitreise in die Mode- und Gefühlswelt meiner Jugend – und ein Ausflug in eine exklusive Männerwelt: Auf den Bildern von Spitzen des Erfolgs fehlen Frauen. Die abgebildeten Entscheidungsträger wirken auf mich wie Großväter. Zum einen, weil sie die Generation meiner Großväter repräsentieren; zum anderen ist es das Schwarz-Weiß der Fotos und der darin umso schärfer konturierte Dresscode von Anzug, weißem Hemd und Krawatte. Die Textwörter in Schablonenschrift haben jedes etwas mit den Alpen zu tun. Sie verorten, was auf den Bildern festgehalten wurde: das Österreich einer in die Jahre gekommenen Wiederaufbaugeneration samt ihrem heute problematisch gewordenen Männlichkeitsverständnis, sieht man es als Auslagern der verdrängten Geschichte in Natursehnsüchte, wo die Bergwelt Heldengeschichts­schreibung als Bergeroberung verheißt. Heute, 2012, steht der Name BAWAG für die Hybris von Männern auf Spitzenpositionen wie den abgebildeten: Tüchtige Erfolgsmenschen, die mit Fleiß und Anstrengung Faschismus und Krieg vergessen wollten, den Marshallplan vergessen haben und schließlich verantwortlich gemacht wurden für das Verspekulieren des Volksvermögens durch verantwortungslose und eigennützige Geschäftemacherei.